Belgrader Zeichnungen

Belgrader Zeichnungen

Es war ein für mich neuartiges Projekt, da es mir um eine noch nicht erprobte zeichnerische Methode ging, die ich auch nirgendwo sonst je gesehen habe. Daher war es abenteuerlich zu erfahren, was dabei herauskam.

Der Zeichenstift, ein Vierkant aus Graphit oder Kreide, wird mit seiner Längskante aufs Papier gesetzt und in einem Zug ohne Unterbrechung bewegt, wobei die Hand eine Drehung ausführt, meist bis zu 180°. Durch den Richtungswechsel in der Bewegung entstehen fließende Übergänge vom Strich zur Fläche zum Strich, oder auch von einer sich verjüngenden Fläche zum Strich.

Jede dieser Zeichnungen ist aus einem konzentrierten, verlangsamten Handstreich entstanden. Sie unterscheiden sich von anderen dadurch, daß sie nicht „gebaut“ sind; sie sind nicht gefügt, gewachsen oder verdichtet zu einem mehr oder weniger komplexen Gebilde aus Linien und Strichen.

Diese Zeichnungen gleichen „Erfindungen“, die an Vorgänge in der Natur, oder zu Formen gewordene Vorgänge erinnern mögen, nicht unähnlich den Strömungsverhältnissen des Elements Wasser oder Luft, sowie ihnen Entgegenstehendes, auf das sie treffen. Erst so, aus dem Zusammenspiel von Strömung und Widerstand, ergeben sich bestimmte Formen, erklärt sich der Ursprung der Wesen.

Gleichwohl bilden die Zeichnungen nichts ab, was in der Natur sichtbar ist oder in der Welt vorkommt. Sie bezeichnen eher einen Vorgang des Werdens, oder im Werden begriffene Wesenheiten in dem Sinne, wie ein Gedanke zu sich kommt, wie etwas sich aus der Fülle des Ganzen absondert, individualisiert.

Die Zeichnungen entstanden im November 1989 in Belgrad.

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Anlässlich der Ausstellung „Belgrader Zeichnungen“ 2009, Belgrad