Golem

Golem, 16.9.1997 –  Seit 2016 im Besitz des Museums Kolumba, Köln.

Die Gabel, die seit ihrer Fertigstellung Golem heißt, wurde durch Vermittlung der Werkstatt Kollerschlag von den Schmieden Michael Moritz (Aicha vorm Wald) und Richard Resch (Hauzenberg) im Sommer 1997 hergestellt. Als Material wurde »Einsatzstahl« (EC 80) verwendet. Das Rohlingsmaß war 500 x 200 x 120 mm, mit einem Gewicht von 60 kg. Die Eisenskulptur hat eine Höhe von 240 cm.

Ursprünglich war die Gabel nicht als Skulptur konzipiert, aber als Zeichnung existierte sie schon lange. Irgendwann kam ich auf den Gedanken, meine Zeichnungen aus den 70er Jahren auf ihren skulpturalen Charakter hin zu durchforsten, und es zeigte sich, daß einige davon ›unbewußte Skulpturen‹ waren, die anscheinend nur darauf warteten, als solche entdeckt zu werden. Die Illusion des Räumlichen in der Zeichnung wollte hinaus ins Psychisch-Haptische.

Wie es zu der Vorstellung kam, daß dieses gabelförmige Gebilde mit seinem Schwerpunkt an einer Wand lehnen muß, ist nicht mehr nachvollziebar.Der ontologische Grund dieser Gabel ist jedenfalls die Anlehnung. Man kann im weitesten Sinn darin eine Figur sehen, oder auch ein Gerät, das außer Brauch gekommen ist und dessen Funktion man vergessen hat. So gesehen ginge es um die Rückholung von Vergangenem, das sich dem Begreifen entzieht, aber als undeutbares Relikt weiter lebt.

Die Gabel ist aus einem Stück Eisen geschmiedet. Es ging mir darum, nur einen für diese Arbeit gemäßen Prozeß der Herstellung zu finden. Ein Gußverfahren schloß ich aus; für den Schmiedevorgang wäre es einfacher gewesen, zwei Teile einzeln zu bearbeiten und hinterher zusammenzuschweißen, was mir aber falsch vorkam. Das Zusammenschweißen der beiden Teile wäre nur auf einer Röntgenaufnahme erkennbar gewesen. Das aber wollte ich nicht.

Ich wollte, daß die Gabel aus einem Stück geschmiedet sei. Als ich das dem Schmied sagte, hat er geflucht, weil ich seinen praktikablen Vorschlag nicht annehmen wollte. Dann aber hat er verstanden, daß es nur so und nicht anders gemacht werden kann. Schließlich ging es um die Feuergeburt eines Wesens, – als Gegenstand.

Mit der Adaption des Wortes Golem wird Bezug genommen auf den Gelehrten und Magier Rabbi Löw, welcher der Sage nach ein Wesen erschaffen haben soll, das durch den Namen Gottes auf seiner Stirn zum Leben erweckt wurde. Das Gabel-Golem-Wesen indes, da es nicht selbstständig stehen kann und daher an der Wand lehnt, befindet sich im leblosen Zustand. Es fehlt ihm das Zeichen Gottes auf der Stirn.

 

Kurt Benning, 2008